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Wohntraum Jurte

Es steht fest: wir haben uns verliebt.
Wir brauchen dringend eine Jurte!

In der endlosen mongolischen Weite wirken sie wie weiße Tupfen, die auf die grünen Hügel geklekst wurden. Eine bunt bemalte Tür, die stets nach Süden gerichtet ist, steht Besuchern immer offen. Innen ist es warm, der zentrale Ofen dient auch als Kochstelle und ist eigentlich in Dauerbetrieb.  Gegenüber der Tür steht stets der Altar und die Familienbilder, manchmal inzwischen auch der Fernseher, links und rechts gibt es jeweils ein Bett, die tagsüber als Sitzgelegenheiten dienen, wobei die rechte Seite der Familie vorbehalten ist und die linke den Gästen.
Über einem wölbt sich das Dachgestänge, in fröhlichen Farben bemalt, und lässt bei gutem Wetter immer die Sonne herein. Bei Regen kann man einfach eine dicke Filzmatte über die Öffnung ziehen.
Es ist sooo schön!
Ob so ne Jurte wohl noch in meinen Rucksack passt?

Volles Herz, wunder Po

Man sagt, mongolische Kinder lernen reiten, bevor sie laufen lernen. Und wirklich, eines Morgens sehen wir einen Fünfjährigen ohne Sattel an uns vorbeigaloppieren um zwei störrische Ziegen wieder zurück zur Herde zu treiben.
Dagegen bin ich im Reiten echt ne Null.
Das denkt wahrscheinlich auch unser Guide, als ich nach einem siebenstündigen Ritt fix und fertig fast von meinem Pferdchen falle. Selbiges schaut mich nur verwundert an, es hätte locker noch 10 Stunden weiterlaufen können.

„Mongolische Pferde sind stark“ ist das erste was uns unser Guide erzählt. Sie leben halbwild in ihrer Herde das ganze Jahr über draußen und werden nur mit dem Lasso eingefangen, wenn man sie braucht. Also klettere ich zunächst mit gebührendem Respekt auf den typischen hölzernen Sattel und spüre sofort: auch wenn die mongolischen Pferde verhältnismäßig klein sind, sie haben ordentlich Feuer im Hintern!
Aber sie sind auch zuverlässig, nichts kann sie erschrecken!
Mein Pferd trägt mich mitten durch riesige Yakherden, kraxelt auf die steilsten Berge hinauf und durchquert mit mir auf dem Rücken reißende Flüsse.
Und dann ist er da, der Moment, und ich galoppiere auf meinem Pferdchen einhändig über die endlose mongolische Steppe.
Waaahnsinn.
Das war wirklich jeden blauen Fleck wert!

Auf den Spuren Dschingis Khans

Wieder sind wir in die Transib gestiegen und wurden von ihr über Nacht einmal rund um den Baikalsee getragen. Als wir aufwachen, hat sich die Landschaft verändert, die sibirischen Wälder sind einer bereits steppenähnlichen Umgebung gewichen und so tuckeln wir den Vormittag über gemütlich durch die letzen Ausläufer Russlands.
Die Prozeduren an der Grenze sind lang, aber die meiste Zeit dürfen wir am Bahnhof in der Sonne sitzen und tauschen bei russischem Bier Reisegeschichten mit anderen Backpackern.
Als die Sonne vor unserem Zugfenster untergeht, sehen wir die ersten mongolischen Jurten.

Und dann sind wir in Ulaanbataar, der mongolischen Hauptstadt.
Hier leben circa 1,3 Millionen Menschen und damit etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Die Stadt ist ein verrückter Mix zwischen supermodernen Hochhäusern und befestigten Jurtensiedlungen. Und ja, sie ist laut und chaotisch und irgendwie schon so richtig asiatisch – also wir mögen sie 😉
Am ersten Tag genießen wir die Sonne, besuchen die Dschingis Khan-Statue und bestaunen das 1727 gegründete Gandan-Kloster.

Der zweite Tag steht dann ganz im Zeichen der weiteren Reise-Organisation. Voller Tatendrang stürzen wir uns in die Höhle des Löwen, die chinesische Botschaft, um unser Visum zu beantragen. Die Oberlöwin an unserem Schalter brüllt uns nach Durchsicht unseres Dokumentenstapels auch erstmal grantig an, eine wichtige Kopie würde fehlen, der Nächste bitte!

gefälschte Flugtickets - ahoi!
gefälschte Flugtickets – ahoi!

Letztendlich hat aber dank einer lieben Mongolin noch alles geklappt und jetzt drücken wir die Daumen, dass wir das Visum nächste Woche abholen können!

Übrigens, wer mal ein Fake-Ausreise-Ticket aus China braucht, das haben wir im „Air-Market“ einfach so umsonst bekommen!

Abends gab’s dann zur Belohnung mongolischen Hotpot, eine Art Fondue und es war wahnsinnig lecker! Außerdem sehr witzig mit in den Tisch eingelassenen Kochplättchen für kleine Suppentöpfe. Grüße hier an Claudia und Fabian von zeitistwelt.de !

Gestern sind wir mit dem Bus nach Tsetserleg gefahren, eine Kleinstadt westlich von Ulaanbataar und von hier werden wir morgen unseren mehrtägigen Reittrip starten!
Also bis nächste Woche!

Omul und Bliny

Ja ok, wir hatten eine kleine Pechsträhne hier in Sibirien.
Und dass wir es nicht auf die Schamaneninsel Olchon geschafft haben, das schmerzt mich wirklich.
Aber natürlich hatten wir trotzdem schöne Tage im Land der Burjaten und das haben wir vorallem unserer Lieblingsrussin Galina zu verdanken.

Galina ist eigentlich studierte Ingenieurin und arbeitete vor 20 Jahren im Bereich der Aluminiumherstellung, als ihr damaliger Freund, der Übersetzer war, erstmals französische Gäste bei ihr einquartierte. Denen gefiel es, sie kamen wieder und empfahlen Galina weiter. Das Haus füllte sich und so gab Galina vor 15 Jahren ihren Beruf auf, um von da an ganz Hostelmutti zu sein.
Jeden Morgen empfängt sie ihre Gäste in der Küche ihres hundertjährigen Holzhauses zum Frühstück mit russischen Pfannkuchen und selbstgemachter Marmelade.

Manchmal, wenn ein Marmeladenöpfchen fast leer ist, öffnet Galina eine Klappe im Boden und verschwindet darin, um Nachschub zu holen. Ihr Haus ist einer der vielen traditionellen Holzbauten in Irkutsk, viele davon sind leider in sehr schlechtem Zustand. Nicht nur hinterlässt seit Jahrzehnten das kontinentale Klima mit Temperaturen zwischen 35°C im Sommer und -40°C im Winter seine Spuren an den schnörkeligen Verzierungen, sie sinken zudem langsam und stetig immer tiefer in den Permafrostboden ein.

Am ersten Tag hier, bevor Simon sich die Reise-Diarrhoe eingefangen hat, haben wir einen Ausflug nach Listvyanka gemacht und konnten dort leckeren Omul-Fisch essen, den es nur im Baikalsee gibt. Auch waren wir an diesem Tag wenigstens bis zu den Knien im eiskalten See!

Heute steigen wir wieder in die transibirische Eisenbahn und reisen weiter in die Mongolei! Wir sind schon sehr gespannt!

 

Pain in the ass, Punch in the Face

In Indien hätten wir von schlechtem Karma gesprochen,  in Sibirien ist es wohl eher ein Fluch der Schamanen und ihrer Geister, oder an was die hier halt so glauben. Ich wurde bereits am zweiten Tag von einem Fluch befallen und konnte ihn erst nach achtmaligem Gebet vor dem Porzellangott wieder loswerden. What a pain in the ass!

Doch dies schien die Geister noch nicht besänftigt zu haben. Da zeitlich nun die Weiterfahrt nach Olchon durch die wiederkehrende Seelenreinigung nicht mehr realisierbar schien, wurde an einem Plan B gefeilt. Die Wahl fiel auf den Besuch eines kleinen idyllischen Dorfs am Ufer des Baikalsees, Bolshie Koty, welches nur über den Wasserweg erreichbar ist. Soweit alles gut, den in kyrillisch verfassten Schifffahrplan gecheckt, Hostel im Dorf gebucht. Nun nur noch mit dem Minibus nach Listvyanka und von dort aus raus auf den See. Am Hafen dann, päm, ein „punch in the face“, nichts da mit Bergpanorama auf der gegenüberliegenden Uferseite, alles mit Rauch der 200km entfernten Waldbrände bedeckt. Nichts da mit Sonnenschein und Strandfeeling an der Russischen Riviera. Nur der münzensammelde Schießbudeninhaber, der gleichzeitig einen kleinen Kiosk und eine Hobbytouristeninfo betrieb, schien glücklich zu sein. Und zu guter Letzt, nichts da mit Boot, erster Tag Nebensaison. Alles anders, alle weg.

Naja, keep calm and drink кафе́ !

Käffchen schlürfen
Kommunisten-Käffchen schlürfen

 

 

5206 km später

Wir fahren durch Sibirien.
Draußen Birke, Birke, Birke. Dreieinhalb Tage lang.
In unserm Wagon sind nur Russen. Keiner spricht englisch.
Den Erwachsenen scheint das unaungenehm zu sein, sie schauen lieber in ihr Handy, selbst unsere Provodniza (Wagonaufseherin) lächelt nur verzweifelt.
Nur die Kinder und Alten stört das nicht, sie plappern munter auf russisch auf uns ein, versuchen sich mit Händen und Füßen begreiflich zu machen und zeichnen Verwandtschaftsgrade in unser Notizbuch.

Eine alte Dame aus St. Petersburg, die zu ihrer fast blinden Schwester aufs Land reist, um ihr bei der Ernte zu helfen, packt erstmal ihren Proviant aus. Gekochtes Hühnchen in Alufolie, Tomaten, Kuchen. Sie teilt alles durch drei und schiebt uns jedem einen Teil über den Tisch zu, Widerstand zwecklos. Sie hat eine einzige gekochte Kartoffel dabei, sie besteht darauf, dass wir sie essen.
Wir können nur Kabanossi zum Tausch anbieten und einen Singsang aus Dankeschön – Spasiba, Spasiba, Spasiba.
Ein Opi malt sich und seine 6 Geschwister in unser Notizbuch, einen der Brüder hat er gerade in Omsk besucht. Um zurück nach Hause zu kommen, muss er acht Stunden Zug fahren und dann noch neun Stunden fliegen mit Zwischenlandung in Wladiwostok.
Er kann ein paar Worte deutsch: „Guten Morgen, Ausweis, Kinder, Schnaps.“ Woher finden wir leider nicht heraus.
Dann endlich in Novosibirsk steigen eine Frau und ihr Teenagersohn ein, die etwas englisch sprechen. Es tut gut mal wieder in ganzen Sätzen zu reden.

Im Zug lebt man in einer Art Zeitblase, denn obwohl man in den dreieinhalb Tagen fünf Zeitzonen durchfährt, zeigen die Uhren im Zug und auf den Bahnhöfen stets die Moskauer Zeit an. Hell, dunkel, hungrig, müde – all das ist irgendwann komplett entkoppelt von dieser numerischen Angaben. Die Zeit wird nur an den Stopps gemessen, denn wenn der Zug hält gibt es was zu gucken, Städte, Menschen, das Treiben auf dem Bahnsteig.
Die vielbeschriebenen Babuschkas, die ihre hausgemachten Waren feilbieten, scheinen jedoch leider zunehmend von Kiosken abgelöst zu werden. Die Russen kaufen heute lieber Mars-Riegel und Eis, als geräucherten Fisch und Teigtaschen.

Man kann es nicht leugnen, das Ganze zieht sich schon.
Doch dann endlich, die Erlösung: Ankunft in Irkutsk und eine Dusche  😉

Liebesgrüße aus Moskau

Moskau empfing uns leider grau in grau, mit 15 Grad Temperaturunterschied zu Warschau und Nieselregen.
Da stand ich also auf dem roten Platz, um uns drängten sich hunderte von Touristen und warfen sich teils dramatisch in Pose, ich hingegen war zugegebenermaßen etwas enttäuscht. Wo waren die Türme aus rotem Gold? Moskau, Moskau, wer deine Seele kennt, der weiß dein Feuer brennt…hmm…mir war eher kalt…
also verkrochen wir uns in’s GUM, das verrückte Moskauer Luxuskaufhaus, wo Cartier und Louis Vuitton sich aneinanderreihen, und ja es ist wirklich beeindruckend.
Aber ein Mittagessen hier lag nicht im Reisebudget, deshalb wieder raus und weitersuchen und ehrlich gesagt ist das ganz schön schwer, wenn man gar nichts lesen kann. So landeten wir schließlich mit knurrendem Magen beim Subways und ich war frustriert.

Aber wir waren ja nicht allein in der großen Stadt.
Wir hatten beschlossen in Moskau zu couchsurfen, um das wirkliche Leben in der russischen Hauptstadt kennenzulernen. Unserer Gastgeber Anna und Egor nahmen uns herzlich in ihrer kleinen Wohnung auf und gaben uns eine abendliche Führung durch „ihr“ Moskau, erzählten uns lustige Anekdoten, ließen vorsichtig kritische Kommentare über die russische Politik einfließen und zeigten uns schließlich ihr Lieblingslokal in einem kleinen Hinterhof, wo wir unseren ersten Vodka tranken!
Und an diesem Abend hab ich sie gesehen, die Türme aus Gold!
Das war so schön- Moskau und ich, wir waren wieder versöhnt!

 

Essen in Warschau

Essen gehört zu einem Land ja immer dazu, deshalb hier noch ein Nachtrag:

als erstes und wichtigstes natürlich: PIROGGEN
Es gibt sie mit allen möglichen Füllungen, mit Fleisch, Käse, Sauerkraut, Spinat und natürlich auch in süß. Jedes polnische Restaurant hat sie, es gibt jedoch auch extra Piroggerias. Aber Vorsicht, sie stopfen ganz schön!

weiterhin haben wir gegessen:
– Zurek, eine Sauermehlsuppe, gerne auch im Brotlaib gereicht
–  verschiedene polnische Würste, allesamt sehr lecker
– traditionelle polnische Ente statt mit Rotkraut hier mit geraspelter
roter Beete serviert

und am aller leckersten: TARTAR – mjam!
Wird in Deutschland in schicken Restaurants ja eher als kleine Vorspeise kredenzt, in Polen aber als vollwertige Mahlzeit mit sauren Gurken und dunklem Brot serviert!


Und Nachtisch?
Tja, da geht man am besten zur ältesten Chocolaterie Polens, E. Wedel, und lässt sich dort verwöhnen 😉

Holla, die Meerjungfrau

Eine Stadt im shabby chic

Man nehme etwas Kaputtes, verpasse ihm einen neuen Anstrich und fahre anschließend mit Schmirgelpapier zweidreimal über die Kanten, so dass es gerade wieder alt aussieht – tadaa, schon hat man den beliebten shabby-chic.
So fühlt sich Warschau für mich an.
Im 2. Weltkrieg wurden 86% der Stadt dem Erboden gleichgemacht, ganze Straßenzüge wurden 1944 systematisch von der Wehrmacht gesprengt. Bereits im Jahr darauf begann jedoch der Wiederaufbau und die Altstadt Warschaus wurde so minutiös rekonstruiert, dass die Unesco sie zum Weltkulturerbe erklärte.
Praga hingegen, der Stadtteil am anderen Weichselufer, bekam weder viele Bomben noch viele Restaurationsgelder ab, deshalb ist es dort heute doch mehr shabby als chic. Dafür verstecken sich so manche Streetart-Schätze an den bröckelden Hauswänden und mit mehr Zeit gäbe es gewiss noch einiges der wachsenden Warschauer Kunstszene zu entdecken.

Über all dem thront milden Blickes der Kulturpalast, Stalin’s symbolträchtiges Geschenkle an Warschau. Heutzutage beherbert er ein Kino, ein Theater und ein Panoramarestaurant – sogar die Rolling Stones haben hier schon gespielt.

 

Und auch sonst ist vom Kommunismus nicht mehr viel zu spüren, die OLYMPUS DIGITAL CAMERAWarschauer genießen ihr Leben in vollen Zügen. Auf der Nowy Swiat laufen die Restaurants und Bars auch unter der Woche vor jungen Leuten über, live-DJs legen neben der Straße auf und live-Köche hacken dazu im Takt Tatar.

 

Eine verrückte quirrlige Stadt.
Voll trauriger Geschichte und doch so vielen fröhlichen Menschen.
Uns hat’s hier gut gefallen!

Übrigens sehr zu empfehlen: die Warsaw FREE Walking Tours! Wir haben nur die Tour über das jüdische Warschau mitgemacht, aber auch die anderen Angebote klingen super!

Promiflash!

Schon beim ersten Stop in Warschau wird einem mal wieder die Beschränktheit des schon fast dörflich anmutenden Freiburg vor Augen gehalten. Waren wir doch bis gestern davon ausgegangen, dass die Stadt an der Dreisam der Nabel Welt ist!
Das Who is Who der Medialen Welt trifft sich anscheinend nicht im Süden unsere Republik, sondern in den Metropolen Europas. Nach Lena Meyer Landrut in Berlin erspähten wir heute „Passenger“ in Warschau, der versuchte die authentisch restaurierte Kulisse der Altstadt für ein kleines Youtube-Video zu instrumentalisieren. Tatsächlich spielt der in seinen Songs stets weinerlich klingende Mike Rosenberg heute hier im Palladium. Diese Information soll nur nochmals den Wahrheitsgehalt unseres Promiflashs unterstreichen, da wir aus Diskretionsgründen leider kein Foto von dem guten Herrn bereitstellen können.

PS: Ja, die Stadt ist cool, die polnischen Pirroggen rocken und das Bier ist leicht süßlich aber mundet vorzüglich zu den deftigen Gerichten.