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Butter bei die Fische

Wir laufen über eine Brücke aus Metall, unter uns Eisenbahngleise, über uns blauer Himmel. Der Weg führt hinein in einen riesigen Betonbau, die schlüpfrigen Treppenstufen sieht man schlecht in der plötzlichen Dunkelheit. Doch nur ein paar Schritte später breitet sich vor uns der Innenraum der riesigen Halle aus, in der der Noryangjin-Fischmarkt untergebracht ist. Endlose Verkaufsstände reihen sich unter gedämpftem elektrischen Licht aneinander. Die Rufe der Marktfrauen und das Plätschern von Wasser vermischen sich zu einem anhaltenden Summen.
Mit großen Augen wandern wir durch die feuchten langen Gänge und bestaunen all die Kreaturen des Meeres. Hunderte verschiedene Fische glitzern in verschiedenen Farben, andere Wesen zappeln mit ihren vielen Armen oder Beinen, Sandwürmer und Seegurken bewegen sich hingegen im Zeitlupentempo.

Ein tellergroßer Oktupus hat es geschafft, sich unbemerkt aus seinem Basin herauszurobben und gleitet nun vorsichtig den nassen Boden entlang. Doch er kommt nicht weit und obwohl er sich mit aller Kraft festsaugt, landet er bald wieder bei seinen Kumpanen im Wasserkübel.

Viele Menschen kaufen hier ein, aber manche kommen auch um direkt hier zu essen. „Hoe“, die koreanische Variante von Sashimi -also roher Fisch- ist dabei besonders beliebt. Schwamm er gerade noch vor dir im Basin, liegt er fünf Minuten später schon feinsäuberlich zerteilt auf einem Teller. Frischer kriegt man Sashimi wohl nirgendwo!

An den Rochen wagen wir uns allerdings nicht ran und auch nicht an den gruseligen Kugelfisch, selbst wenn es angeblich in Südkorea seit über 60 Jahren keine Todesfälle mehr gab.
Aber wir wären nicht wir, wenn wir hier nichts essen würden!
Also wird Sashimi geshoppt, dann noch ein paar Garnelen und Jakobsmuscheln. Anschließend kann man am hinteren Ende der Halle in ein kleines Restaurant gehen, wo man seine Einkäufe nach Belieben zubereitet bekommt – juhuu!

Unser Essen ist köstlich, doch wir werden abgelenkt von einer Familie am Nebentisch, die sich etwas typisch koreanisches gekauft haben: einen Mini-Octopus, der noch lebt!
Die Köchin trägt ihn davon und bringt ihn eine Minute später zerhackt und mit Sesamöl beträufelt zurück. Jetzt lebt er natürlich nicht mehr, aber das haben seine Arme noch nicht mitgekriegt – diese zappeln noch munter auf dem Teller herum und saugen sich am Plastik fest – iiiihhh!
Jetzt ist Simon Feuer und Flamme, das will er probieren!
Und klar, die koreanische Familie teilt gerne:

Was tut man nicht alles für authentische Reiseberichte!

Verrückte Chinesen

Ich hab die Chinesen ja echt liebgewonnen. Das hätte ich vorher nicht gedacht, aber beim Reisen geht es ja auch darum Vorurteile zu überprüfen und im Idealfall abzubauen und ich muss zugeben, gegenüber China hatte ich wohl die meisten Vorurteile.
Und jetzt vermisse ich es und möchte in Südkorea gerne jeden auf der Straße mit „nǐ hǎo“ begrüßen!

Manchmal erschienen mir die Chinesen wie große Kinder, wenn sie voller Enthusiasmus ihre Selfies schossen und sich freuten wie die Schneekönige, wenn sie ein Foto mit uns gemeinsam ergattern konnten! Auch habe ich noch nie so viele erwachsene Menschen gesehen, die mit Kätzchen und Bärchen bedruckte Klamotten getragen haben oder Haarreife mit Häschenohren im Alltag. Die Minions sind in China gerade allgegenwärtig und ja, wenn ich so drüber nachdenke, irgendwie sehe ich da Parallelen….

Wahrscheinlich muss man deshalb auch über vieles schmunzeln, was man als nervig empfunden hätte, wären die Chinesen nicht so liebenswürdig.
Hier also nochmal ein paar ihrer verrücktesten Eigenarten:

Mönch mit Selfie-Stick
Mönch mit Selfie-Stick

Wir haben ja schon kurz einen Abriss des typischen chinesischen Touristen gegeben, aber es macht einfach immer wieder Spaß sie zu beobachten, wie sie hintereinander herwuseln. Besonders glücklich waren sie stets, wenn wir einwilligten ein Foto mit ihnen zu machen, manchmal bildeten sich dann ganze Trauben um uns herum. Der Selfie-Stick bleibt dabei Mittel der Wahl!

Über verrückte Nahrungsmittel haben wir auch schon geschrieben, noch verrückter sind allerdings die dazugehörigen Verpackungskünste, denn es gibt einfach alles was man sich vorstellen kann auch einzeln verpackt – Hühnerfüße, Eier, ein Happen gebratenes Schweinefleisch, einfach alles!

Wer nicht Essen einkauft, kauft am liebsten Apple-Produkte!

Nicht nur hat der Verkaufsstart des IPhone 6s in China alle Rekorde gebrochen (2,6 Millionen Exemplare in 3 Tagen), er sorgte auch für einen Apfel-Hype bei allen anderen Produkten des alltäglichen Lebens, so haben Restaurants Apple-Stühle und manche Kinder Apple-Zeichen in ihre Frisur einrasiert!

Aber sie lieben ihr Handy halt auch einfach über alles!
Dieses Foto hab ich in einem Tempel gemacht, wo eine Buddha-Statue stand, die eigentlich nicht fotografiert werden sollte – hat aber trotzdem jeder
gemacht, denn die zwei Aufpasserinnen waren sowieso anderwertig beschäftigt 😉

Vor Autoritätspersonen muss man generell nicht so viel Angst haben – ganz anders als wir uns das vorgestellt hatten, sind die Polizisten in China super nett und halten gerne mal einen Schnack mit den Passanten. Ganz in dem Sinne sind auch ihre Polizeibusse und jegliche Hinweisschilder gestaltet:

Tja, andere Länder, andere Sitten. So müssen chinesische Babies auch nicht diese „unhygienischen“ Windeln tragen wie in in Europa, sondern haben einfach praktische Schlitzhosen…immerhin weniger Müll, das wiegt vielleicht ihren Verpackungswahnsinn wieder auf…
Und dann noch eine Sache, die für mich besonders schwer war: in China ist es nicht ganz unüblich die Nase geräuschvoll hochzuziehen und das Gesammelte dann auszuspucken – würg! Aber auch hier gilt, jedem Tierchen sein Pläsirchen, die Chinesen hingegen finden es nämlich widerlich, wenn man sich bei Tisch schneuzt…konnte ich bei dem scharfen Essen nicht immer vermeiden, ich war somit in ihren Augen wohl eine besonders eklige Europäerin :‘)
MinionsAlso, bis bald, ihr witzigen Chinesen, ich komm mal wieder!

Shanghai, Baby!

Ehrlich gesagt, bin ich mit wirklich wenig Erwartungen nach Shanghai gekommen. In Reiseforen steht überall, Shanghai werde überbewertet und es sei gar nicht richtig chinesisch, sondern eigentlich nur groß und laut. Aber Simon wollte gerne hin und außerdem war’s praktisch als Weiterflughafen nach Südkorea, also gut, dann halt doch. Zum Glück! Denn ja, Shanghai ist groß und blickend und voller europäischer Jugendstilgebäuden mit amerikanischen Modeläden drin, aber eben gerade dadurch auch so ein verrückter Teil des modernen Chinas, das muss man gesehen haben!

Die Skyline des Geschäftsviertels Pudong ist einfach der Wahnsinn!
An der Fluss-Promenade, dem sogenannten Bund, kann man dann schön entlangflanieren, links das Wasser, rechts die großen Bankgebäude im Kolonialstil. Das wird auch wieder gerne von Brautpaaren als Kulisse genutzt, wobei die Bräute hier im Gegensatz zum restlichen China viel häufiger im traditionellen rot unterwegs waren.

Die große Shoppingmeile Nanjing Road, die neben allen bekannten internationalen Marken auch mit witzigen Fake-Kaufhäusern (z.B. Nr. 580)  aufwartet, führt direkt auf den alten Volkspark zu. Wer am Wochenende hier her kommt, kann nicht nur im Grünen lustwandeln, sondern auch chinesischen Großeltern dabei zusehen, wie sie versuchen ihre unverheirateten Enkel an den Mann bzw. an die Frau zu bringen.
Es gibt eine offizielle Pinnwand, aber wer die Gebühr dafür nicht zahlen möchte, schreibt die wichtigen Informationen (Geburtsdatum, Größe, Beruf und Einkommen) einfach auf ein Blatt, das an einem Schirm befestigt wird. Fotos sieht man fast keine.

Wer lieber etwas exklusiver entspannen will, kann wie wir ein Käffchen im alten Fairmont Peace Hotel trinken gehen. Einfach souveränen Blick aufsetzen, dann schaut auch niemand kritisch auf die Trekkingschuhe….

Fürs Abendessen können wir dann definitiv die französische Konzession empfehlen, hier gibt es weitere Kolonialbauten und französische Villen, aber auch renovierte alte chinesische Steinhäuser, wie zum Beispiel im In-Viertel Tianzifang.
Nach 2 Tagen hieß es für uns schon“ Good Bye Shanghai“ und als Abschiedsgeschenk von China gab es noch eine Fahrt mit der Magnetschwebebahn zum Flughafen. In 7 Minuten legt sie die 30km mit einer Maximalgeschwindigkeit von 431km zurück – Simon war begeistert!

chinesischer Kochkurs

unser Werk :-)
unser Werk 🙂

In unserer Zeit in Yangshou hat es uns dann doch auch mal erwischt, das schlechte Wetter. Und welche Beschäftigung wäre für uns „Foodies“ da geeigneter als ein Kochkurs!
Da uns ja bisher in China einfach alles super lecker geschmeckt hat, waren wir natürlich nicht verwundert, dass auch unsere eigenen Kreationen köööstlichst geworden sind!
Als geheime Zutaten konnten wir auf jeden Fall die Austernsoße (Oyster Sauce) und einen Gas-Tischgrill identifizieren…
So lassen sich Regentage aushalten!

 

PS: Wer uns was nachkochen will, kann uns gerne mailen 😉

Goldenes Chaos

1999 haben die Chinesen den Urlaub erfunden.
Aber nicht, dass hier jeder einfach frei nimmt, wie er lustig ist, nein! Die Regierung möchte gleiches Recht für alle, was kann also schöner sein, als wenn alle gleichzeitig in den Urlaub fahren können!? So wurde aus dem Nationalfeiertag die Nationalwoche, auch goldene Woche genannt. Und wie das aussieht, wenn 1,3 Billionen Chinesen gleichzeitig reisen gehen, kann man sich wohl kaum vorstellen – deshalb ein paar Bilder aus dem Internet 😉

Zum Glück wussten wir vorher, was auf uns zukommt, und obwohl wir unsere Reisepläne etwas abändern mussten, sind wir nicht wie manch andere Reisende irgendwo ohne Weiterreisetickets steckengeblieben. Stattdessen haben wir uns in ein Dorf in der Nähe von Yangshou zurückgezogen, wo wir nach 2 intensiven Reisemonaten einfach mal die Seele baumeln lassen, Fahrradfahren, im Fluss baden, den Blog aktualisieren und bei einem Mangolassi unsere Weiterreise planen!

Ausflug nach Pandorra

James Cameron hat das zwar nie explizit erwähnt, aber die Chinesen sind fest überzeugt, dass die Landschaft von Zhangjiajie die Vorlage für die Hallelujah-Berge in seinem Film „Avatar“ ist.

Mehr als 3000 Steinsäulen erheben sich hier über 200m in die Höhe und wurden 1992 zum Weltnaturerbe erklärt.
Leeeeiider hatten wir Sonnenschein, bei tiefhängendem Nebel „schweben“ die Steinsäulen dann wohl wirklich 😉
Aber auch so ist dieLandschaft atemberaubend! Und das Gefühl von Tiefe kommt auf den Fotos gar nicht richtig raus.

Da Chinesen ja nicht gerne laufen, erst recht nicht bergauf, wurde der Nationalpark mit Seilbahnen und einem 335m hohen gläsernen Aufzug bestückt – so lassen sich bequem die größten Aussichtsplattformen erreichen, wo man sogar die echten Avatare trifft!

Man muss sich aber nur etwas abseits der Hauptrouten halten und einen der anstrengenden Treppenaufstiege in Angriff nehmen, dann ist man oft ganz alleine. Im Nationalpark gibt es neben den gigantischen Felsformationen auch noch eine artenreiche Flora und Fauna. Affen, Streifenhörnchen, viele Vögel und knallbunte Insekten haben wir gesehen. Und wenn man abends, wenn die meisten Tagesausflügler den Park schon verlassen haben, zu zweit an einem Aussichtspunkt sitzt und über die Felsen hinwegblickt, dann kann man sie doch hören, die Drachen.

Der alte Mann

Eine besonders schöne menschliche Begegnung hatten wir auch. Wieder waren wir etwas abseits der großen Wege unterwegs, da kamen wir an einem kleinen Häuschen vorbei, wo ein alter Mann seinen Stand für traditionelle chinesische Medizin aufgebaut hatte. Ich raunte Simon noch mitleidig zu „ohje, der Arme, ob der jemals was verkauft?“, doch da wug er uns schon zu sich heran. Und obwohl wir keine gemeinsame Sprache hatten, wollte der alte Mann uns alle seine Kräuter zeigen und war ganz beglückt dass wir einfach nur mit ihm zusammensaßen. Besonders freute er sich über Simons Haarwuchs und streichelte begeistert über dessen Beine und Bart.

Wie wir da so saßen, erregten wir natürlich die Aufmerksamkeit der wenigen vorbeiwandernden Chinesen und so wurde unser Grüppchen immer größer. Inzwischen hatte der alte Mann wirklich eine Patientin gefunden, er fühlte lange ihren Puls und begutachtete ihre Zunge und obwohl wir leider nichts verstanden, war es sehr spannend bei der Diagnostik zuzuschauen.

die alte Kunst des Pulsfühlens
die alte Kunst des Pulsfühlens

ein riesiges Puzzle

Eine der ersten Sehenswürdigkeiten, die einem bei China in den Sinn kommen, ist neben der großen Mauer gewiss die berühmte Terrakotta-Armee.
Auch wir wollten diese einmal mit eigenen Augen sehen und im Gegensatz zu vielen Berichten, die wir vorher gelesen hatten, waren wir ganz und gar nicht enttäuscht, sondern sogar ziemlich beeindruckt!

Vor über 2000 Jahren ließ der erste Kaiser Chinas tausende Statuen lebensgroßer Soldaten anfertigen, die sein Grab bewachen und ihm im Jenseits die ewige Herrschaft sichern sollten. Doch die unterirdische Anlage geriet in Vergessenheit bis 1974 ein paar Bauern beim Graben eines Brunnens rein zufällig darauf stießen!
Bisher wurden knapp 8000 Krieger gefunden, man geht jedoch davon aus, dass es noch deutlich mehr geben muss. Die meisten sind in viele hundert Einzelteile zerbrochen, doch haben Archäologen schon gute 2000 wieder feinsäuberlich zusammengepuzzelt.

kniender Bogenschütze
kniender Bogenschütze

Es gibt Bogenschützen und Kavalleristen mit ihren Pferden, sowie Offiziere und Generäle. Dabei ist besonders beeindruckend, dass kein Soldatengesicht dem anderen gleicht! Angeblich hat jeder Arbeiter sich selbst in seiner Terrakottafigur verewigt. Unglaublich ist zudem, dass die Waffen, die bei den Figuren gefunden wurden, eine Chromlegierung haben, die sie vor Korrosion geschützt hat – eine Technik, die in Deutschland erst in den 30er Jahren entdeckt wurde!
Natürlich wollen super viele Touristen, westliche wie chinesische, diesen großen archäologischen Fund bestaunen, trotzdem hat uns die Ausstellung gefallen! (aber da werden bei mir halt auch Indiana-Jones-Träume wach 😉 )

Die Stadt Xi’an hat uns auch sonst sehr gut gefallen!
Vor allem das muslimische Viertel, wo seit dem 7.Jahrhundert chinesische Muslime leben und auch eine wunderschöne chinesische Moschee besichtigt werden kann, ist ein wuseliger Ort mit engen Gassen voller Garküchen!
Wir liebten besonders den Hotpot, ein Art chinesisches Fondue!
Man sucht sich einfach verschiedenes Gemüse, Fleisch und Tofu auf Stäbchen aus und gart diese in einem riesigen Topf Suppe, zum Schluss werden einfach die Stäbchen gezählt.

Ach ja, noch was lustiges: das eigentliche Grab von diesem Kaiser wurde noch gar nicht geöffnet! Die Legenden erzählen von einer kompletten unterirdischen Stadt, wo der Sternenhimmel mit Perlen nachgebildet wurde, aber auch von vielen Fallen und von Flüssen aus Quecksilber. Tatsächlich hat man rund um den Grabhügel erhöhte Quecksilberwerte gemessen…spannend, was man hier wohl noch finden wird!

bisher kann man nur den Hügel selbst bestaunen (hinten rechts)
bisher kann man nur den Hügel selbst bestaunen (hinten rechts)

Pingyao

Wir sind mit unseren Berichten ein wenig hinterher, sorry, sind so mit Erleben beschäftigt…

Von Peking sind wir mit dem HighSpeed-Zug nach Pingyao gefahren. Verrückt, wie man plötzlich mit 300km/h durch die Landschaft fliegt, nachdem man zuvor tagelang gemächlich mit der Transsib dahingetuckert ist. Der Bahnhof gleicht auch eher einem Flughafen, nach einem gründlichen Sicherheitscheck mit Durchleuchtung des Gepäcks nimmt man in einer großen Wartehalle Platz, erst 5 Minuten vor Einfahrt des Zuges darf man aufs Gleis. Und so rollen wir mit dem Modernsten, was China so zu bieten hat, in Pingyao ein, einer komplett erhaltenen Stadt aus der Ming-Dynastie.
Alte steinerne Hofhäuser mit roten Laternen säumen die gepflasterten Gassen, umgeben von einer mächtigen Stadtmauer.
Der drei Jahre alte Reiseführer behauptet, hier sei die Zeit stehengeblieben – aber da hat er leider nicht mit den Chinesen gerechnet, die in den letzten Jahren den Tourismus im eigenen Land für sich entdeckt haben…

Chinesische Touristen reisen am liebsten in Gruppen, gerne mit einem Guide, dessen Stimme scheppernd aus einem kleinen Lautsprecher an seinem Gürtel tönt. Sie müssen alles fotografieren, ja wirklich jedes Detail, und natürlich vor allem sich selber – deshalb ist das wichtigste Besitztum die Selfiestange. Wenn sie gerade nicht fotografieren, drücken sie auf ihrem Handy herum und verschicken Beweismaterial an Nicht-Urlaub-Habende. Neben Fotos müssen selbstverständlich Souvenirs  mit nach Hause gebracht werden, deshalb ist jede Sehenswürdigkeit in China mit Unmengen kleiner Läden bestückt, wo man sich mit Krimskrams eindecken kann.

Und so befindet sich in den herrlichen Häusern in Pingyao leider inzwischen in jedem entweder ein Hotel, ein Restaurant oder eben ein Souvenirgeschäft. Nur wenn man tief in die Seitengassen eintaucht, dann findet man sie noch, die ursprünglichen Läden, wie zum Beispiel einen Nudelmacher.
Pingyao ist wirklich wunderschön und man sieht, wie so oft in China, kaum westliche Touristen, aber man kann nur hoffen, dass es sich nicht bald komplett in eine Art chinesische Museumsstadt verwandelt.

Der einzig wahre ultimative Vergleichstest

Nach nunmehr nahezu 9000km Zugfahrt in sechs Ländern könnte man behaupten, einen relativ guten Einblick in die Bahnstrukturen der Welt zu haben. Da unsere Reise ihren Ausgangspunkt in Deutschland nahm und wir mit dem ICE und diversen Regionalbahnen starteten, muss sich die Deutsche Bahn im Vergleich beweisen.
Soviel vorab, sie verliert in jeder Hinsicht.

Das Ergebnis scheint wohl kaum jemanden zu verwundern. Pünktlich kam sie ja schon seit Jahren nicht mehr.
Im Vergleich zur Transsibirischen Eisenbahn, die jede Station über drei Tage auf die Minute pünktlich erreichte.
Auch wenn die russischen Züge eher etwas veraltet sind und natürlich nicht an die Geschwindigkeiten eines modernen Zuges herankommen, taten sie sich durch einfachste Mittel im Punkto Service hervor. So kann man sich nach Lust und Laune am heißen Wasser aus dem Samowar, der in jedem Wagon bereit steht, bedienen. Verdursten muss somit keiner und direkt im Abteil lassen sich Teebeutel und kleinere Snacks erwerben, ohne sich einmal quer durch den Zug bis ins Bistro zu quetschen. Auch das deutsche Servicepersonal kann dem internationalen Vergleich nicht standhalten. Diese waren in Russland selbst nach vier Tagen ohne nennenswerte Pause stets zuvorkommend und um ihre Gäste bemüht. Gleiches gilt natürlich für das Personal in der Mongolei und China.
Der Todesstoß wird der deutschen Bahn jedoch von den Chinesen versetzt. Ihre Züge sind, um es kurz zu machen: moderner, schneller, komfortabler mit besserem Service und bedeutend billigeren Preisen. Man schwebt nahezu mit dem Zug bei über 300 km/h durch die Landschaft und verspürt keinerlei Unebenheiten oder ist genervt vom metallenen Klappern der Räder auf den Schienen. Mit dem Kauf der Karte bekommt man automatisch einen Sitzplatz zugewiesen und der Zug ist somit zwar voll aber weit entfernt von überfüllten Intercityexpreessen, bei denen man sein letztes Hemd für einen Platz auf seinem Rücksack neben der Toilette geben muss, um von Freiburg nach Hamburg zu kommen.

Unsere Zugreise ist somit eine vernichtende Kritik für die Deutsche Bahn, die sich nicht wundern darf, wenn sie in den nächsten Jahren von privaten Firmen aus China geschluckt, verdrängt oder zum Kauf derer Produkte gezwungen wird, da sie es einfach besser machen. Sind gespannt was da noch kommt.

 

HighSpeed-Zug
HighSpeed-Zug

Naja, so schlimm ist es dann vielleicht doch nicht. Mit ner Sitzplatzreservierung lässt es sich, nachdem ein älteres Ehepaar von seinem Platz verscheucht hat,  auch ganz gut  mit der DB aushalten. 😉

Tolles Beijing

Beijing (bei uns als Peking bekannt) war mit dem Ende der Transsib unser Start in China und hat uns unheimlich gut gefallen. Mal wieder eine Stadt, wo historische Kulturschätze und Moderne aufeinanderprallen, jedoch bei einer solch entspannten Atmosphäre, wie man sie selten in einer Hauptstadt findet! Gemütliche 5 Tage haben wir hier verbracht und hätten auch noch länger bleiben können (wenn nur das Smogproblem nicht wäre!). Deshalb hier unsere MustDo-Highlights für Beijing:

1. in einem Hutong wohnen

unsere Straße
unsere Straße

In Beijing leben über 15 Millionen Menschen. Bei einer solch riesigen Stadt hat man sofort Wolkenkratzer und Wohnblöcke im Kopf, und ja, davon gibt es in Beijing unendlich viele. Ursprünglich lebten die Menschen in Peking jedoch in kleinen steinernen Hofhäusern angeordnet in verwinkelten Wohnviertel, sogenannten Hutongs. Viele mussten in den letzten Jahren neuen Großbauprojekten weichen, doch manche haben überlebt und hier haben sich liebevoll eingerichtete Hostels angesiedelt, umgeben von Suppenküchen und kleinen Läden. Wir haben uns in der Straße, in der unser Leo-Hostel lag, sehr wohl gefühlt.

2. die verbotene Stadt besuchen
Früher für Normalsterbliche gesperrt ist die verbotene Stadt auch heute noch die größte Palastanlage der Welt. Hier residierten über 500 Jahre lang die chinesischen Kaiser mit ihrem Hofstaat. Die Anlage ist wirklich monumental und gefüllt von tausenden Chinesen, die alle die gleiche Schirmmütze tragen, um ihre Reisegruppe nicht zu verlieren. Achtung, keinen Selfiestick ins Auge bekommen!


3. durch den Sommerpalast spazieren
Hierhin zog sich die kaiserliche Familie in den heißen Sommermonaten zurück – eine wunderschöne Anlage, anders als die flache verbotene Stadt auf einem Hügel erbaut, mit großen Gartenanlagen, die zu einem riesigen See hinunterreichen. Hier hat es uns besonders gut gefallen, leider war das aber auch der versmogteste Tag, weshalb die Fotos nicht schön geworden sind.


4. Pekingente essen
Sooo lecker! Beijings bekanntestes Gericht hatten wir beide trotz unserer Liebe zur asiatischen Küche noch nie gegessen. Die Ente wird zerlegt und mit kleinen Pfannkuchen, Gurkenscheiben und Pflaumensauce serviert – einfach köstlich!


5. Die große Mauer besuchen
„Wer nicht auf die große Mauer gestiegen ist, ist kein wahrer Mann“. Das hat angeblich Mao gesagt. Auch wenn wir die Verehrung der Chinesen für ihren inzwischen mumifizierten Führer nicht ganz teilen, wollten wir das natürlich nicht auf uns sitzen lassen! Die Behauptung, man könne die Mauer von Weltall aus sehen, stimmt übrigens nicht, trotzdem gilt sie als Chinas größte architektonische Meisterleistung.


6. In die verrückte Food-Street gehen
Wer Essen auf Spießchen mag, der muss hierher. Und wer bis dato nicht wusste, was man laut der Ansicht von Chinesen alles essen kann, der wird wie wir große Augen machen: Skorpione, Seesterne, Spinnen, ganze Wachteln, Wachteleier, Hühnerfüße….


7. „Legend of Kung Fu“ anschauen
In den Reiseführern wird meist ein Besuch in der Pekingoper empfohlen. Wer auch zuhause eher auf Musical steht und dazu vielleicht wie wir auf Actionfilme und asiatische Kampfkunst, kommt hier voll auf seine Kosten! Wir haben nicht fotografiert, sondern saßen die meiste Zeit mit offenem Mund da. Aber wer einen kleine Kostprobe will, kann sich dieses Youtube-Video anschauen.

Natürlich gibt es noch einiges mehr in Peking zu sehen, zum Beispiel den Himmelstempel, das ehemalige Olympiagelände, den Konfuziustempel, den Trommelturm usw…am besten selber hinfahren!